Mittwoch, 15. Juni 2011

Cannabis oder das Denunziantentum

Wir nutzen seit Jahren unsere Balkone, um Gemüse und diverse Küchenkräuter zu ziehen. Mal mehr, mal weniger. Möhren, Salat, Kartoffeln, Zucchini, Paprikaschoten, Topinambur, Zwiebeln, Knoblauch und vor allem Tomaten. Ich probiere immer wieder was anderes aus. Unbehandelt, pestizid- und güllefrei und nicht genverseucht. Eine Nachbarin aus dem Nebenhaus, die Dame nenne ich insgeheim die Tratschzeitung des Viertels, sagte mir, dass die Nachbarn darüber tuscheln würden, was bei uns wächst. Ich sagte spaßeshalber und breit grinsend: "Cannabis, aber keinem verraten". Neeein.

Ein paar Tage später bekam ich Besuch. Drogenfahndung in Zivilkleidung. Gegen mich war wegen Cannabisanbaus Anzeige erstattet worden. Ich musste lachen. Ich fragte die Beamten nach ihren Dienstausweisen und ließ sie dann rein. Wieso ich lachen würde? Ich habe ihnen erzählt, dass ich die Tratschtante verschaukelt habe. Sie mussten selber lachen, aber wenn eine Anzeige erstattet wird, müssen sie dem Verdacht nachgehen.

Ich ging vor zur Gemüsepflanzen- und Küchenkräuterschau. Der jüngere Beamte sah sich die Tomatenpflanzen an. "Das ist kein Cannabis, aber ich weiß nicht, was es ist." "Tomatenstauden", sagte sein Kollege. Ich zeigte ihnen alle unsere Kästen und Kübel. "Zucchini auf dem Balkon, ich fasse es nicht." Der ältere Beamte konnte alle Pflanzen bestimmen. Ich sagte: "Ein Städter, der Gemüsepflanzen kennt, im Gegensatz zur Nachbarschaft." Er sagte, dass er vom Land käme und seine Frau im Garten ein Treibhaus hätte.

Ich habe mit den Herren ein lecker Käffchen getrunken und sie erzählten, dass es traurig wäre, weswegen Leute ihre Nachbarn anzeigen. Sie könnten einen Roman darüber schreiben. Mit das Schlimmste an Falschanzeigen würden sie und ihre Kollegen bei Trennungen erleben. Das habe ich ihnen ungesehen geglaubt. Sie rieten mir in Zukunft mit solchen Scherzen vorsichtiger zu sein. Das Thema wäre für sie erledigt.

Ob ich von meinem Recht der Falschanzeige Gebrauch machen wolle? Nein, aber es würde mich diebisch freuen, wenn ein Streifenwagen mit laufender Sirene käme und uniformierte Polizisten bei der Frau anschellen würden. Hhhm, Martinshorn nur im Notfall. Nächster Vorschlag von mir: Lautes Hupen oder ein Motorradpolizist, der den Motor aufheulen lässt? Sie wollten nachfragen. Die Beamten waren fair, menschlich und anständig. Sie hätten mir bei dem geäußerten Verdacht die ganze Hütte auseinander nehmen können.

Ein paar Minuten später hörte ich Motorräder aufheulen. Es waren Polizisten, die im Nachbarhaus anschellten. Suuupiiii! Sie haben keinen Nerv für jeden Killefitt behelligt zu werden. Der ältere Beamte rief an. Die Kollegen haben ihr eine Standpauke gehalten. Dankeeee! Er wollte wissen, wie ich das mit dem Thymian mache. Ich habe ein paar Zweige separiert, für ihn eingepflanzt und sie ihm privat geschenkt, sonst ist das Beamtenbestechung. Ehre, wem Ehre gebührt.

Bekannte betreiben in ihren Gärten Permakultur. Etliche Ableger habe ich von ihnen bekommen. Das wächst, was das Zeugs hält und ist mehrjährig. Ihre Gärten sehen nicht aus wie genormte Schrebergärten oder diese überpflegten Gärten, wo jedes Unkräutchen gezupft wird. Für manche ist es Wildwuchs und was die Leute nicht kennen...Wie durch ein Wunder wächst bei uns gerade Getreide. Von ganz alleine. Es ist Gerste.

Wer sich mit Pflanzen nicht auskennt, sollte sich erst erkundigen, bevor er unnötig die Exekutive bemüht und andere Menschen in Schwierigkeiten bringt. Jede Pflanzenart hat andere Blüten und ich habe keine Ahnung wie eine Cannabispflanze aussieht. Es interessiert mich auch nicht. Ich bin gespannt, ob die Vögel uns wieder Beeren bescheren werden. Es ist eine Vogelbeerenart, die nicht giftig ist.  Sie wachsen auch in Buschform. Darüber haben mich die permakulturellen "Ökofaschisten" aufgeklärt. Vögel verbreiten die Saat. Man sollte aber nicht viel davon roh essen und wer die Vöglein verscheucht, bekommt gratis keine Beeren.

Die Denunziantin macht einen großen Bogen um mich. Ich grüße sie stets freundlich ;-)

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