Dienstag, 13. Juli 2010

Hintergründe und Finanzierung der Bürgerarbeit

Übernommen von "Mein Politikblog":
"Von Klaus Wallmann sen. | RandZone-Online | – Das “Projekt Kommunal-Kombi” ging in die Hose, also legt man ein neues “Projekt” auf, das man mit derselben Demagogie an den Mann und die Frau zu bringen sucht:

“Aktiv zu sein ist besser als zu Hause auf ein Jobangebot zu warten.”

So Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) während der Vorstellung ihrer neuesten “Förderungsmaßnahme”, die sich an die US-amerkanischen “Workfare”- Programmen der 90er Jahre anlehnt.

Ab 15. Juli sollen die ARGEn und “Jobcenter” bundesweit 160.000 Langzeitarbeitslose (von aktuell 914.843 ALG-I- und 4.998.061 ALG-II-Beziehern) auswählen, um sie gezielt in den Arbeits”markt” zu vermitteln. (Stellt sich die Frage, was die argen Jobcenter denn bisher so gemacht haben.)

Frau von der Leyen hat angeblich die Erfahrung gemacht, daß auf diese Weise vier von fünf Arbeitslosen vermittelt werden bzw. freiwillig auf Regelleistungen verzichten.

Für letzteres fehlt jede halbwegs verständige Begründung, und gegen die Leyensche Erfahrung spricht die Zahl der Arbeitslosen selbst, die trotz allmonatlicher Jubelmeldungen aus dem Haus der Bundesagentur seit Jahren auf hohem Niveau verharrt.

Nach Leyenscher Rechnung bleiben nach diesen sechsmonatigen intensiven und schließlich von Erfolg gekrönten Vermittlungsbemühungen nur noch 34.000 Langzeitarbeitslose übrig, die dann die frohe Botschaft der christlichen Arbeits- ministerin am eigenen Leib erfahren dürfen.

Diese Botschaft heißt “Bürgerarbeit”.

Wie gehabt geht es dabei um die Betreuung von Alten und Behinderten, die Leitung von Angeboten für Jugendliche, Laub aufsammeln, Eis hacken, Kastanien sammeln oder was den Kommunen sonst noch so einfällt. Selbstverständlich, daß diese Arbeiten “gemeinnützig” sein müssen und keine regulären Jobs “verdrängen” dürfen. Diese Illusion ist längst als Illusion entlarvt, doch Frau von der Leyen hat wohl auch da ganz andere Erfahrungen (aus dem Lande Ganz-weit-weg).

Für 30 Arbeitsstunden in der Woche bekommt der “Bürgerarbeiter” einen “Lohn” von 900 Euro pro Monat. Brutto, versteht sich. Beiträge in die Arbeitslo- senversicherung werden nicht gezahlt. Also erwirbt der glückliche “Bürgerarbei- ter” während seiner auf drei Jahre befristeten “Bürgerarbeit” keine Ansprüche auf das reguläre Arbeitslosengeld, und landet letztendlich wieder in Hartz IV.

Während dieses “Bürgerarbeits”verhältnisses darf der “Bürgerarbeiter” Miete, Strom, Fahrkosten etc. aus seinem überaus üppigen Nettolohn bezahlen, während sich die argen Jobcenter diese Leistungen “sparen”.

“Bürgerarbeit” ist also Arbeiten für Hartz IV oder sogar für weniger. “Sparen” wird der Leyensche Apparat auch bei denen, die diese ach so wunderbaren Angebote für “Bürgerarbeit” ablehnen, denn die gewohnte Sanktionspraxis gilt auch für dieses Arbeits”angebot”.

Frau von der Leyen erwähnt 1,3 Milliarden Euro, von denen “der Bund” 690 Millionen und der Europäische Sozialfonds 610 Millionen Euro zur Verfügung stellt, mit denen dieses “Projekt” finanziert wird. Wobei man gar nicht oft genug erwähnen kann, daß sowohl Staat wie EU nichts produzieren oder verkaufen, also über keine eigenen finanziellen Einnahmequellen verfügen, so daß sie immer von unserem Geld reden, das sie da verteilen.

1,3 Milliarden Euro, das sind rund 433 Millionen pro “Bürgerarbeits”-Jahr. Die jährliche Finanzierung der 34.000 mit “Bürgerarbeit” beglückten beträgt also 12.735 Euro pro “Bürgerarbeiter”. Macht im Monat 1061 Euro. Wovon der “Bürgerarbeiter” laut von der Leyen aber nur 900 Euro (Brutto) erhält. Würde mich freuen, wenn mir jemand mitteilen könnte, wo die Differenz von immerhin 161 Euro pro Mann und Monat versickert. Denn immerhin sind das über die drei Jahre gerechnet insgesamt über 197 Millionen Euro – und, wie gesagt, unser Geld.

Keine Frage, daß es sich auch bei diesem christlich-leyenschen “Projekt” erneut nur um den weiteren Ausbau des vom Kapital gewollten und von deren Politi- kern daher beförderten Ausbau des Niedriglohnsektors handelt. Die Erpressung der Arbeitslosen geht weiter, denn ein “Angebot”, das man nur unter Gefähr- dung der eigenen physischen Existenz ablehnen kann, ist nichts anderes als Nötigung oder Erpressung, was selbst laut bürgerlichem Gesetzbuch bestraft werden müßte.

Unbestritten – außer von den leyenschen Parteigängern – ist auch, daß das Gesödere von der “Gemeinnützigkeit” nicht mehr darüber hinwegtäuscht, daß auch diese Niedriglohn-Variante weitere sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichten wird. Wenn der Partei “DIE LINKE” ausgerechnet dies noch immer “unklar” ist, wie die “jungeWelt” heute schreibt, so überrascht mich das nicht wirklich. Gibt es dort doch durchaus “Linke” wie z.B. die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Thüringer Landtag, die “Genossin” Leukefeld, die dieses Niedriglohn-Projekt für eine “wirkliche Alternative zu Ein-Euro-Jobs” hält.

Der Niedriglohnsektor wächst und wächst, die Dumpinglöhne schießen ins Kraut. Das war, ist und bleibt das Ziel der herrschenden Klasse und ihrer politischen Geschäftsführer, deren “Sachverstand” einzig und allein der Profitlogik folgt.

Das aber bedeutet nicht nur Perspektivlosigkeit für die Mehrzahl der 7.755.799 “Leistungsbezieher” (Juni 2010), das bedeutet auch für viele Millionen arbeiten- der Menschen mehr als unerfreuliche Perspektiven.

Die volksfeindlichen Politiker des Kapitals wissen, daß sie Arbeitende und Arbeitslose nicht zusammenkommen lassen dürfen, und sie tun alles, um diese Einheit zu verhindern. Nur zusammen können wir ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Und wie sagte Frau von der Leyen so schön: “Aktiv zu sein ist besser als zu Hause auf ein Jobangebot zu warten.” Oder darauf zu warten, daß sich etwas ändert in diesem Land."

Quelle: RandZone-Online

Es ist Ihnen gestattet Artikel zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen, wenn Sie den Namen des Autors/Rechteinhabers nennen und die Website www.randzone-online.de als Quelle anführen.
Die Artikel dürfen nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden.
Ein Belegexemplar bei Druckerzeugnissen ist erwünscht, in jedem Fall eine Benachrichtigung über die Verwendung. Im Falle einer Verbreitung müssen Sie anderen die Lizenzbedingungen, unter welche diese Artikel fallen, mitteilen.

Liebe Leser, wir haben uns hitzefrei genommen, aber jetzt sind wir wieder da. Machen Sie sich bitte Gedanken über das Bürgerarbeitkonstruktum.

Keine Kommentare: