Dienstag, 2. März 2010

Ohne Kinder sind wir arm

Das steht zum Schluss auf dem Plaket des Videos, das Andy unter "Kinder,Kinder" eingestellt hat. Kinder sind feinfühlige Wesen. Manchmal können sie "grausam" sein. Dazu schildere ich eine wahre Begebenheit.

Im zarten Alter von sechs Jahren hat mein Sohn sich im Sportunterricht eine Kreuzwunde am Kopf zugezogen. Die Schule alarmierte mich. Ich alarmierte auf dem Weg dorthin seinen Papa. Wir trafen zeitgleich ein. Der kleine Kerl hatte einen Verband um den Kopf, war leichenblass, hatte darauf bestanden, dass er seine Jacke anzieht und die Kapuze über die Wunde samt Verband stülpt. Er stammelte: "Die Mama darf das nicht sehen". Die Lehrerin sagte, dass sie ihm erklärt habe, dass ihm wegen der Verletzung niemand böse sei. Was antwortete mein Sohn, der blutete und Schmerzen hatte: "Meine Mama kann kein Blut sehen. Dann wird ihr schlecht". Das stimmt. Ich war gerührt und sprachlos, dass er daran gedacht hatte.

Wir sind nicht ins Krankenhaus gefahren. In den Notaufnahmen muss man lange warten. Wir sind zu einem praktizierenden Arzt gefahren. Er war ein sehr erfolgreicher Krankenhauschirurg und hat wegen der enormen Belastung im Krankenhaus seine eigene Praxis eröffnet. Ihm wurde per richterlichem Beschluss verboten in seiner Praxis operieren zu dürfen, weil sein Fachgebiet nicht mehr Chirurgie ist. Der Mann hat keine Sekunde gezögert, als er das Kind sah.

Er sagte zu dem kleinen Patienten: "Ich kann dir eine Narkosespritze geben. Sie wird dir mehr weh tun und deinem Körper mehr schaden, als die paar Stiche, die ich ansetzen muss". Der kleine Held: "Ok, ohne Spritze, aber schicken sie meine Mama raus, bevor sie in Ohnmacht fällt. Mit ihr haben sie dann mehr Arbeit als mit mir. Der Papa bleibt hier". Zack, war ich draußen. Ich hörte die Arzthelferin ablenkende Männekes machen. Der Arzt hat zügig genäht. Das Kind hat keinen Mucks verlauten lassen.

Es kam frisch genäht, grinsend, Lutscher schleckend, beschmückt mit Luftballons aus dem Behandlungszimmer, während mich die Mutterangst überkommen hatte. Das kennen Mamas und Papas. Um Himmels Willen, das arme Kind und wenn nicht noch mehr passiert...Ich "Memme" hätte mich nicht ohne Spritze nähen lassen.

Ohne Kinder wären wir aus vielen Gründen sehr sehr arm. Kinder haben in vielerlei Hinsicht mehr Mut als wir. Als ich den Doc fragte, wie er das abrechnet -er wollte die Krankenkassenkarte nicht haben- meinte er lächelend, ich könne seinen Angestellten etwas in die Kaffeekasse tun, ärztliche Hilfeleistung sei seine Pflicht und ich solle mich beglückwünschen für so ein tapferes rücksichtsvolles Kerlchen. Das Kerlchen strahlte stolz und ließ sich sechs Tage später klagenfrei die Fäden ziehen. Mir fiel er um den Hals und meinte, ich sei tapfer gewesen. Der Tapfere war er. Danke an den unkonventionellen Doc und sein kinderfreundliches Team.

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