Samstag, 27. Februar 2010

Gesundheit als Wettbewerb?

Uns sollte übel werden, wenn Politiker Gesundheit als Wettbewerb betrachten. Die Rede ist von "Kopfpauschale". Aspirin soll ab einer Menge über 20 Stück verschreibungspflichtig werden. Kassen sollen Arzt- und Krankhausrechnungen nicht mehr überprüfen dürfen. Die erste Medikamententafel ist gegründet worden.

Gesundheit ist Gesundheit und dürfte niemals etwas mit Wettbewerb der Kassen, der Ärzteschaft und der Pharmaindustrie zu tun haben. Das sehen Politiker und ihre Finanzierer anders. Sie sehen zuerst die Finanzierung und nicht die Leistung im Interesse des Patienten.

Jeder Berufsgruppe hat ihre eigene Kasse und warum muss es überhaupt über hundert Kassen geben? Wettbewerb, Ausgrenzung und Abgrenzung?!

Bei der Kopfpauschale würden sich Besserverdiener erfreuen. Jeder zahlt den gleichen Beitrag. Ist das gerecht bei unterschiedlichen Einkommen? Wir zahlen für unsere Familienversicherung monatlich 700 €. Die Kopfpauschale wäre voraussichtlich -das kommt auf die Höhe an- für uns günstiger. Trotzdem fände ich einen Einheitsbetrag Geringverdienern gegenüber ungerecht.

Eine 20er-Packung Aspirin kostet 6,95 €. Sie soll weiter frei zu kaufen sein. Eine 100er-Packung Aspirin kostet 14,95 und soll verschreibungspflichtig werden. Bei fünf Packungen selbst gekauftem Aspirin kostet es uns 34,95 € aus der eigenen Tasche. Wer zum Arzt geht wg. Aspirin zahlt die 10 € Praxisgebühr, wartet, der Arzt verdient, die Kasse muss zahlen. Die Apotheken verdienen in beiden Fällen.

Wenn Arzt- und Krankenhausrechnungen von den Krankenkassen nicht mehr überprüft werden dürfen, können sie abrechnen, was sie wollen. Es soll ja schwarze Schafe geben. Steigen Kosten, wird es auf den Patienten umgelegt und damit wird finanziell der Patient "umgelegt".

Neben Essen- und Kleidertafeln gibt es in D die erste Medikamententafel. Sie nutzen Menschen, die sich nicht verschreibungspflichtige Medikamente nicht leisten können. Bei einem nicht ganz so dramatischen Krankheitsbild gehen sie aus eigener Kostenersparnis bevorzugt zum Arzt und hoffen, dass er ihnen Medikamente verschreibt, die überzogen sein könnten. Sie wollen bei Schnupfen lieber Antibiotika und Penicilin nehmen, statt einem harmlosen Mittelchen, welches sie selbst bezahlen müssten und nicht können. Wenn man diese harmlosen Mittelchen nicht bezahlen kann, endet es oft in einer viel schlimmeren Erkrankung oder in einer Reinfektion.

Eins meiner Kinder benötigt wg. einer Zahnfehlstellung eine kieferorthopädische Behandlung. Im Rahmen des wirtschaftlichen Ermessens bezahlt die Kasse die Spange zu 80 %. 20 % müssen wir selber bezahlen, die wir nach erfolgreichem Abschluss der Behandlung von der Kasse erstattet bekommen. Was macht die Arztpraxis? Sie präsentiert mir einen Kostenvoranschlag auf Darlehensbasis, den ich habe prüfen lassen. Das ist eine rein private Zusatzleistung in vierstelligem Bereich, die kein Mensch braucht oder bezahlen muss. Hier geht es um die Schönheit der Brackets (das hieß früher mal Zahnspange), um regelmäßiges Überprüfen und "professionelles" Zahnreinigen mit Fluorid und Zitronensäure, was auf keinen Fall bei der Häufigkeit der vorgenommen gewollten Zahnreinigung den Zahnschmelz schädigt. Nein!!!

Ich kann grundsätzlich anraten allgemein Kostenvoranschläge prüfen zu lassen. Die Tücke sitzt im Detail. Auf der einen Seite ist das Informationsproblem, oft verbunden mit zu viel Vertrauen. Auf der anderen Seite ist der, der mit Unwissenheit und Gutgläubigkeit verdienen will. Ich möchte auf keinen Fall ÄrztInnen pauschal verurteilen. Ich kenne welche, die gratis behandeln, weil sie an der Grenze ihres Budgets sind. Oft sind sie an der Grenze ihrer Kräfte. Sie führen für ihre Patienten Prozesse. Hut ab vor ihnen.

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