Freitag, 21. August 2009

Wie ich lernte die Zensur zu "lieben"; Teil 2

Ich halte die Diskussion um Sperren von den Sperrengegnern für überwiegend falsch geführt. Bei Unkundigen wird man mit dem Hinweis auf Zensur i.d.R. auf taube Ohren stoßen! Wenn es um KiPo geht, setzt es verständlicherweise bei Vielen aus; statt dessen sollte das Pferd da aufgezäumt werden, wo es auch die KiPo-Sperrenbefürworter aufzäumen: bei der Bekämpfung von KiPo im Internet selbst!

KiPo-Sperren sind nicht nur unwirksam, sondern sogar KONTRAPRODUKTIV, weil damit KiPo im Internet 1) geschützt und 2) mittel- oder langfristig sogar unterstützt wird.

Begründung:
I) Basics zur Unwirksamkeit:
1) Sperren entfernen den Dreck eben gerade NICHT aus dem Internet (im Gegenteil), sondern er wird weiter gehostet.
2) Sperren lassen sich mit minimalsten Mitteln umgehen. Das Verbot der Umgehung der Sperre dürfte dabei noch weniger Wirkung erzielen, als das [schwerwiegendere] Verbot der Aneignung, da schon letzteres gebrochen wird.

II) Warum KiPo-Sperren KONTRAPRODUKTIV sind:
3) Eine Sperrung ergibt überhaupt nur für etwas Existierendes Sinn. Es ist schon im Ansatz sinnlos, etwas sperren zu wollen, was nicht mehr existiert (weil es gelöscht wurde) – mit anderen Worten: sinnvollerweise setzt eine Sperre "notwendig" die Existenz voraus und
verhindert somit das Löschen. Ein maßgeblicher Teil der KiPo wird m.W.auch in Deutschland gehostet. Immer noch. Obwohl das strengstens verboten ist. D.h. die zuständigen Stellen (ob nun Polizei oder BKA sei mal dahingestellt) erfüllen z.T. pflichtwidrig ihre Arbeit anscheinend nicht.

Wenn also schon in der Vergangenheit, wo das Hosten von KiPo strafrechtlich verboten war, die Behörden vermutlich untätig waren, um wie viel weniger werden dann in Zukunft Anstrengungen unternommen, um entsprechende Seiten zu löschen? Was wird wohl der Polizist zu einem Löschgesuch meinen: Was, wieso löschen? Sind doch schon gesperrt.

4) Die Hoster werden mit dem Stoppschild gewarnt und potenziell vor Strafverfolgung geschützt.

5) Die Erfahrung hat gezeigt, dass „geheime Listen“, so geheim sie auch tituliert wurden, nie auf Dauer geheim bleiben. Früher oder später werden sie öffentlich und dann wird den KiPo-Komsumenten tatsächlich eine Navigationshilfe gereicht, die es gar nicht gäbe, wenn Seiten ausschließlich gelöscht würden.

Um Internet-Unkundigen den Unterschied zwischen „sperren“ und „löschen“ zu veranschaulichen kann das von Frau von der Leyen selbst bemühte Bild von einer Bücherei verwendet werden: Sperren im Internet bilden nur einen leicht umgehbaren Sichtschutz, der sich mit einem Blatt Papier vergleichen lässt, welches man auf ein KiPo-Buch legen würde. Löschen im Internet käme dem Entfernen des Buches aus der Bücherei gleich (z.B. durch Schreddern). Das sollten selbst die Internet-Unkundigsten verstehen können.

Mein Fazit:
I) Sperrenbefürworter tun augenscheinlich genau das nicht, was sie vollmundig behaupten, nämlich den Dreck aus dem Internet zu entfernen (Zypris) oder „konsequent“ dagegen vorzugehen (Frau von der Leyen).
II) Statt dessen treten Sperrenbefürworter für Maßnahmen ein, die offensichtlich KiPo im Internet SCHÜTZEN und sogar BEGÜNSTIGEN.
III) Sperrengegner sind – auch wenn ihnen das immer wieder direkt oder indirekt angetragen wird – nicht für Untätigkeit als Alternative zu Sperren oder für ein unreguliertes Internet,
sondern für das Löschen, was die einzig WIRKLICH konsequente Maßnahme wäre, die „den Dreck aus dem Internet entfernt“.

Weitere Pseudoargumente der Sperrenbefürworter: KiPo würde dort gehostet, wo sie dem Zugriff entzogen oder KiPo nicht verboten sei. Ca. 90% wird in der westlichen Hemisphäre oder dort gehostet, wo sie verboten ist. Wenn es den Sperrenbefürwortern um den verbliebenen kleinen Rest von 30 bis 40 "Failed States", wo erfahrungsgemäß "nichts passiere" und Kinderpornographie nicht geächtet sei, ginge, dann würde KiPo auch "NUR" aus diesen Ländern gesperrt. Dass das nicht der Fall ist, zeigt die Zweifelhaftigkeit dieses Argumentes.

Das Löschen sei zu schwierig. Mehrere Versuche durch private Organisationen haben bewiesen, dass beanstandete Seiten innerhalb von Stunden gelöscht werden können. Sofern "ist uns nicht erlaubt" wirklich wahr ist, dann sollte es doch kein Problem sein, eine Gesetz zu erlassen, um das zu erlauben. Wenn sie schon vor der Einführung einer vermutlichen Zensurinfrastruktur nicht zurückschrecken, dann sollte so eine Gesetzesänderung doch ein Klacks sein.

KiPo ist "nur" die Dokumentation des Kindesmissbrauchs. Das wesentlich Schlimmere ist der Missbrauch selbst - der findet in der Realität der Gesellschaft statt und NICHT im Internet.
Selbst wenn man die Dokumentation des Kindesmissbrauchs im Internet KOMPLETT verhindern könnte, ist damit an sich KEIN EINZIGES Kind vor dem realen Missbrauch geschützt worden.

Geschrieben von Fehlfarben

Kommentar von mir: Wir greifen Frau von der Leyen nicht wegen ihrer Aktivitäten in Sachen KiPo an. Wenn sie sich als Mutter von sieben Kindern Gedanken darüber macht und den Kampf gegen KiPo ernst meint, ist es ein hehres Ziel von ihr. Wir halten die einseitige Konzentration aufs Internet mit den vorgesehen Maßnahmen für zweifelhaft und ungenügend. Es drängt sich der Verdacht auf, dass anderes damit bezweckt wird. Die Frage ist, inwieweit sie von Leuten benutzt wird, die sich im Hintergrund halten und ihr " zugearbeitet" haben bei der Verwirklichung ihrer "Pläne"?

Regierung und Reichstag sind Institutionen die, wie viele andere Ministerien und Landtage, von gewissen Lobbyisten durchsetzt sind, die man angeblich braucht, weil nur "sie die nötige Sachkompetenz besitzen", die man benötigt, um die "mannigfaltigen Probleme dieser unserer Republik zu lösen". Solange diese Lobby nicht Hausverbot erhält in den diversen Ämtern, wird sich nichts an der Tatsache ändern, dass Gesetze auf den Weg gebracht werden, die letztlich GEGEN die Bevölkerungsinteressen gerichtet sind.

Frau von der Leyen sollte sich als Familienministerin um die deutsche Gesellschaft und um deren Kinder kümmern. Für etwas anderes wurde sie nicht gewählt und schon gar nicht bezahlt. Die Ermittlungsarbeit ist Aufgabe der zuständigen Behörden, mit denen ich nicht tauschen möchte.

Unsere größte Sorge war, dass unsere Brut solchen kinderverachtenden Menschen in die Hände fallen könnte. Ich musste ihnen erklären, was ich meinte. Ich musste ihnen erklären, wozu Erwachsene in der Lage sind. Das habe ich nicht gerne getan. Egal, wohin sie gehen und was sie machen: sie geben mir Bescheid. Noch. Sie halten sich an die vereinbarten Uhrzeiten. Wenn etwas dazwischen gekommen ist, rufen sie an, damit die Mutti sich nicht aufregt, sagen sie. Das hat mir bei meinen Kids den Namen "Oberglucke" beschert. Damit kann ich gut leben.

Sie sagen mir aber auch ganz andere Dinge über ihre MitschülerInnen, die in ihrem Zuhause kein offenes Ohr finden und das sind kaum Kids von Hartz-IV-Empfängern. Das sind Kinder, deren Eltern aus beruflichen Gründen nicht da sind, wenn die Kinder sie brauchen. Eltern, die meist beide arbeiten müssen, weil sie sonst nicht über die Runden kommen, ganz zu schweigen von den Alleinerziehenden. Auf das Problem sollte sich das Familienministerium stürzen. Wer kein offenes Ohr findet, fühlt sich verlassen.

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