Samstag, 29. November 2008

Bildungsfreiheit?

Duckhome hat ein Thema aufgegriffen, bei dem ich unbedingt mitsenfen muss. Ich zitiere das aus dem Artikel, worum es mir vorrangig geht:
"Marina ist mit ihren 14 Jahren Lebenserfahrung - was nicht unbedingt viel ist - ein sehr offener und lernbereiter Mensch. Sie interessiert sich in besonderem Maße für Politik, und so kam es ihr gelegen, zum Thema Nationalsozialismus eben ihre eigens beaobachteten Parallelen zur aktuellen Politik in den Unterricht mit einzubringen.... Jedenfalls, was die Thematik an sich betrifft. Dem Geschichtslehrer gefällt dies nicht unbedingt, aber - und das ist jetzt eine ziemlich neue Erfahrung für uns Erwachsene - er gibt Marina recht, sie dürfe es bloß so nicht sagen. Marina: "Wenn ich mir das Thema Terror und die deutsche Gesetzgebung so betrachte, muß ich feststellend sagen, dass wir gar nicht so weit vom Nationalsozialismus entfernt sind. Und der Herr Schäuble ist wohl der Boss."Lehrkraft: "Da gebe ich dir recht, das stimmt wohl so. Aber das darfst du so nicht sagen."
Marina hat, meines Erachtens nach, einen wunden Punkt im System erfolgreich angekratzt. Es liegt nun an uns, dem System zum Aufstehen zu verhelfen."
http://www.duckhome.de/tb/archives/4238-Frage-nicht,-was-sie-fuer-Dich-tun-koennen-....html

Schule, Bildung, Lehrstoff, kritische weit- und umsichtige SchülerInnen ist ein Thema für sich. Ich habe auch solche hinterfragenden Kinder in Marinas Alter. Marina, huhu, du bist nicht alleine. Als ich die ersten Geschichts- und Politikbücher meines Ältesten in meine Finger bekam, verdrehte ich innerlich die Augen, denn mir wurde klar, es hat sich seit meiner Schulzeit wenig geändert. Sie waren gespikt mit einseitigen Betrachtungs- und Schuldzuweisungen. Jetzt mal ehrlich, wie viele Eltern schauen sich die Schulbücher ihrer Kinder genau an, außer, dass sie Vokabeln abfragen sollen?

Bei jedem Thema haben meine Kinder mich angesprochen und wollten meine Sicht der Dinge hören. Die bekamen sie nicht nur zu hören, ich 'fütterte' sie mit Zusatzliteratur, damit sie sich ein mehrseitiges Bild machen können. Mir kam nicht in den Sinn, sie zu manipulieren, ich wollte ihnen die Chance zur eigenen Meinungsbildung, zur mehrseitigen Betrachtungs- und eigener Denkweise geben. Das Ergebnis läßt sich sehen. Dass sie damit anecken, ist nichts Ungewöhnliches. Man muss sie dafür stark machen und hinter ihnen stehen.

In Geschichtsbüchern steht immer noch 'Der König von Hassenichtgesehen hat die Schlacht um.... gewonnen'. Der König? Wo werden die Soldaten erwähnt, die zu Hauf ihr Leben ließen und oft zwangsrekrutiert wurden? Wo das Leid der Zivilbevölkerung, deren Dörfer man verbrannte und deren Familien man zerstörte? Oder ganz süß 'Die Römer lustwandelten im Atrium'. Das steht tatsächlich so in einem 'historischen' Begleitbuch zum Lateinunterricht. Warum werden die über 90 % Sklaven nicht erwähnt, die ihnen unter Zwang dieses luxeriöse Leben ermöglichten?
Zum besseren Verständnis habe ich meinen Kindern 'Die Fragen eines lesenden Arbeiters' von Brecht gegönnt:
http://www.kerber-net.de/literatur/deutsch/prosa/brecht/fragarb.htm

Sie stellen solche Fragen. Es wird vieles nicht richtig erklärt oder zu einseitig. Die üblichen Schreckgespenster bezüglich Ideologien werden suggeriert. Die Zusammenhänge werden aus dem Zusammenhang gerissen. Die wahren Ursprünge nicht vermittelt. Entweder haben Kultusministerien keine Ahnung oder die Schulbuchverlage nicht oder beide oder wir biegen sie uns so zurecht, wie wir sie haben wollen.Unkritische SchülerInnen werden in eine eindeutige Richtung gedriftet.
Den Zusammenhang, den Marina hergestellt hat, das ist eine Glanzleistung für einen so jungen Menschen. Ich habe etwas für sie. Die Umsturztabelle von Bohrwurm:
http://www.bohrwurm.net/

Wenn man einem (jungen) Menschen sagt, dass darfst du so nicht sagen oder schreiben, versucht man seine Meinung zu unterdrücken. Das könnte man auch einen Einschüchterungsversuch nennen. Es stellt ein Armutszeugnis für die angepasste Lehrkraft dar. Was soll ich nun mit den Lehrkräften machen, die nach der Obama-Wahl den Unterricht ausfielen ließen und den SchülerInnen Obama als 'Heilsbringer' servieren wollten? Das war ein deftiger Manipulationsversuch. Das ist Wasser auf meinen Mühlen und ich hebe mir es für später auf als Argument in petto.

Wenn Kinder und Jugendliche kritisch sind und damit bei den Lehrkräften anecken, womöglich noch eine schlechtere Note bekommen, weil sie sich nicht ausschließlich an den Lehrstoff gehalten haben, sondern ihr Zusatzwissen und ihr Meinung eingebracht haben, dann gibt es für uns eins zu tun: Das Eltern-Lehrergespräch suchen, um die Kinder zu unterstützen. Auf keinen Fall sollte man den Schwanz einziehen, weil das ja so besser sei und man könne ja nur Ärger bekommen. In solchen Fällen suche ich die Konfrontation mit den Lehrkräften.

Ich bin auch gerne bereit Beweismaterial einzubringen, um die Aussagen meiner Kinder zu stützen. Es gibt in der Tat interessierte Lehrkräfte, die Zusatzmaterial in den Unterricht aufnehmen. Man erfährt nebenher, dass die Lehrkräfte längst nicht mit allem einverstanden sind. Manche warten regelrecht auf die elterliche Unterstützung. Das nennt man Kooperation und die wünscht sich manche Lehrkraft. Je mehr es tun, je mehr Eltern ihren kritischen Geschöpfen unter die Arme greifen, desto mehr müssen Lehrkräfte und Schulen umdenken. Es liegt in unserer Hand.

By the way: eine (ungerechte) Note ist ein anfechtbarer Verwaltungakt. Darauf lassen sich Schulen und Lehrkräfte höchst ungern ein. Ich argumentiere auch gerne mit 'Die ungerechte Aufsatzzensur' von Schlöter.

Man kann sich und den Kindern natürlich auch sagen, dass man es so hinnimmt, obwohl man es besser weiß. Das ändert aber nichts am bestehenden Bildungssystem. Bei Elternabenden und -stammtischen erlebt man en Gros unkritische Eltern. Standardaussagen: das ist halt so. Daran kann man nichts ändern. Doch man/frau kann.

Das Thema 'Nationalsozialismus' steht uns ins Haus. Aus irgendeinem unerfindlichem Grunde wird es in den Schulen neuerdings gekürzt durchgenommen. Um es zu verstehen, muss man alle beteiligten Schuldigen am Schlawittchen packen, die den Faschismus in ihrem Interesse installieren wollten und fleißig finanzierten und unterstützten. War das bei irgendeinem geschichtlichen Ereignis jemals anders?
Zur Zeit sind viele der SchülerInnen damit beschäftigt die Lehrkräfte wg. 9/11 zu hinterfragen. Sie bringen sie gehörig ins Schwitzen und pochen auf Antworten.

© 2008 Copyright Kinder-Alarm Schwalbe 29.11.2008

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