Donnerstag, 14. August 2008

G8, der Leistungsdruck für Kinder und Jugendliche

Jeder hat das Recht auf Bildung, steht in unserem Grundgesetz und in den Menschenrechten. Ein Recht zu haben und es zu bekommen, hängt immer mehr vom Geldbeutel ab. G8 ist das um ein Jahr verkürzte Abitur, das von unseren Politikern nach den schlechten Ergebnissen der PISA-Studien im internationalen Vergleich vorschnell eingeführt wurde. Es wäre besser gewesen, man hätte die Klassenstärken reduziert und mehr Lehrkräfte eingestellt. Unsere Schulen beklagen, dass sie keine Fachlehrkräfte bekommen. Gleichzeitig lese ich, dass es viele arbeitslose Lehrer gibt. Irgendetwas passt nicht zusammen.

Der britische Schriftsteller D. H. Lawrence meinte, dass alle Schulen sofort geschlossen werden sollten und die große Masse des Volkes nicht schreiben und lesen können muss. Solche Äußerungen gibt es auch in der Neuzeit. Wer nicht lesen und schreiben kann, wird auf dumm programmiert.

G8 bedeutet, das gestrichene Schuljahr aufholen zu müssen. Die fehlenden Schulstunden werden auf die übrigen Schuljahre verteilt. Die Kinder haben sieben bis acht Schulstunden am Tag.
Der Alltag sieht so aus: um 7.30 h aus dem Haus gehen, vorausgesetzt, man wohnt nicht weit entfernt und hat eine günstige Verkehrsverbindung. Manche Kinder müssen eine Stunde früher das Haus verlassen, damit sie um 8.10 h zur ersten Unterrichtsstunde erscheinen können, weil sie weiter entfernt wohnen. Die nullte Stunde ist irgendwann einmal zusätzlich eingeführt worden, weil für freiwillige Arbeitsgemeinschaften die Zeit fehlte. Sie beginnt um 7.15 h. Der Unterricht endet nach der siebten Stunde um 14.25 h. Die achte Stunde um 15.15 h. Bis sie wieder zu Hause sind, ist der Nachmittag fast vorbei. Jeder Arbeitnehmer hat eine Mittagspause von 30 oder 45 Minuten. Die Kinder haben 10 Minuten Pause. Die Zeit reicht nicht, um ein Mittagessen einzunehmen. Sie essen hastig ein Pausenbrot, ein (belegtes) Brötchen oder gar nichts. Das ist ein ganzer Arbeitstag.

Wenn sie nach Hause kommen, müssen sie die Hausaufgaben erledigen als Lernbestätigung. Wem sie leicht fallen und wer sie schnell schafft, dem steht noch ein wenig Freizeit zur Verfügung. Wer länger braucht, dem fällt der Stift aus der Hand. Das hängt vom Lerntempo ab.
Der Drill in Richtung Leistungsirrsinn. Nur die Harten kommen in den Garten. Wer versagt, wird abgesägt.

Bildung ist für viele nicht mehr finanzierbar. Der Beginn eines Schuljahres ist teuer. Pro Kind habe ich 25 € für Schulbücher bezahlt. Am ersten Schultag kamen die Kosten für die Zusatzbücher hinzu und zusätzlich Listen von Lehrkräften über Schulmaterial. Manche haben Sonderwünsche. Der Biolehrer will den grünen Schnellhefter, der Deutschlehrer den roten, der Englischlehrer den blauen.... Stifte bitte nur von der Fa. X. Tinte von Pelikan. Bloß keine No-Name-Produkte. Ja, wissen sie nicht, dass No-Name-Produkte von denselben Firmen herstellt werden? Das ist Aussiebung. Wer es nicht bezahlen kann, hat Pech gehabt. Wir haben früher die Bücher umsonst bekommen und Pausenmilch oder -kakao. Heute muss man alles selber bezahlen. Es lebe der Sozialstaat...

Für sozialschwache Familien gibt es Vergünstigungen oder Zuschüsse; meistens getragen von den Fördervereinen der Schulen, die auf Spenden angewiesen sind. Trotz der Zuschüsse kann eine sozialschwache Familie auf Dauer den Kostenaufwand nicht tragen. Wo bleiben diese Kinder? Auf sie wird mit Fingern gezeigt. Gerade diese Familien haben häufig begabte Kinder, die mehr im Köpfchen haben, als diejenigen aus sozialstarken Familien. Unsere Politiker bemühen sich um die Begriffe bildungsfern und -nah.

Kritische Lehrkräfte schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Sie müssen den Lehrstoff straffen und den Kindern ein Pensum auferlegen, dass die meisten Erwachsenen nicht haben. Bei so viel gestrafftem Lehrstoff bleibt kaum Platz für das kritische Hinterfragen. Irgendwie denke ich gerade an die Darwinsche Selektionstheorie.

Da ich mich nicht mit fremden Federn schmücke, der Text stammt von meinem pubertären betroffenem Sohn. Brauchbare Vorschläge:

'Wie wäre es z.B. mit mehr Wahlpflichtfächern in den unteren Stufen? Wer muss jahrelang Chemie oder Physik lernen, um dann zu wissen, wo Ytterbium (was immer das auch sein mag) im Periodensystem steht und wie Rutherfords Atommodell (dito) aussieht?Auch höhere Mathematik ist zu nichts zu gebrauchen. Wann muss man schon mal irreelle oder irrationale Zahlen verwenden, fragt sich so mancher Schüler. Andere fragen sich: Was ist das bitteschön?

Für Religion sollte man frühzeitig Ethik UND Philosophie alternativ anbieten. Mit "Philo" (das ist die sog. "Schüler-Steno") meine ich nicht das, was bisher als Solches angegeben wird, wobei der Unterschied zu Reli (Achtung, erneut Schüler-Steno) nämlich bloß im Fehlen eines Gottes besteht; Themen stimmen überein. Ich hätte dieses Fach gerne als eine Art Geschichte der Philosophie, am besten mit Jostein Gaarders Buch "Sofies Welt" als Unterrichtslektüre. Das wäre wirklich eine gute Änderung.

Auch sollten Kunst und Musik bloß noch freiwillig angeboten werden, weil man dort einfach ein Händchen für braucht. Sport sollte - allein schon aus Gesundheitsgründen - Pflichtfach, aber ohne Noten bleiben.

Des Weiteren sollte ein Latinum schon vor dem Oberstufenkurs vergeben werden, damit auch Schüler, die schlecht in Latein sind, Selbiges nicht als Abiturfach wählen müssen (womit sie womöglich den Numerus Clausus für den Studiengang, den sie mit dem Latinum anstrebten - u.a. Germanisten, Journalisten, Historiker und sonstige Sprachstudierende brauchen ein Latinum -, nicht mehr schaffen).

Neben Latein und Französisch sollte obendrein auch noch Spanisch als zweite Fremdsprache angeboten werden, da es mindestens genauso wichtig wie Englisch und um Meilen wichtiger als Französisch oder Italienisch ist. Ganz nebenbei ist es noch eine der schönsten Sprachen der Welt - und nicht einmal im Italienischen kann man so wunderschöne Fluch-, Schimpf- und Hasstiraden loslassen. Ein Traum!

Auch das Zentralabitur sollte nicht bestehen. Als Kurse darf man neben den vorgegebenen Fächern Deutsch, Englisch und Mathe (immer diese Kurzvarianten...) eine zweite Fremdsprache und ein Freifach wählen. Zum Vergleich: vorher gab es dieses Verfahren bei der Leistungskurswahl (zu den LKs gab es noch diverse Grundkurse zu wählen, die den Stundenplan ergänzten) :
1. Ein Hauptfach (Deutsch/Mathe/Englisch)
2.Eine Sprache (Englisch/Latein/Französisch/...)
3.Eine Naturwissenschaft (Bio/Chemie/Physik/teilweise auch Mathe)
4.+5.Zwei Freiwahlfächer

Generell finde ich es in Ordnung, Themengebiete (z.B. "Fremdsprachen") vorauszusetzen, aber was macht jemand, der Deutsch auf Lehramt studieren will- und das als Fremdsprache? 1-2 weitere Sprachabiturkurse sind Voraussetzung, um Leuten Deutsch (als Fremdsprache) beizubringen, zusätzlich noch Latein (s.o.)! Wer soll das wählen können?

Außerdem sollte eine kurze Einführung in den Gebrauch von PCs folgen, aber ohne kompletten Pflichtkurs in Informatik. Je früher die Kinder blind zu schreiben und grundlegende Dinge anzuwenden lernen, desto besser! Gegen den Komplettkurs als Pflicht bin ich, weil man nicht unbedingt programmieren können muss. Wie wäre es damit, werte Kultusminister?'

P.S von mir: Es gibt Zeit, dass man den Kindern Geschichte korrekt vermittelt und damit meine ich die Verknüpfung der wahren Geschichte. Das ist wichtig, um das Jetzt zu verstehen. Der Geschichtsunterricht über die Weimarer Republik und die NS-Zeit wird gekürzt.

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